Table of Contents

  • Weltweit werden Volkswirtschaften, staatliche Verwaltungen und Gesellschaften immer stärker digitalisiert. Diese Transformation ist seit fast einem halben Jahrhundert im Gange. Sie hat sich jedoch zuletzt beschleunigt, weil die digitalen Technologien rasch weiterentwickelt und auf neue und innovative Art kombiniert werden, wodurch der digitale Wandel neue und häufig unvorhersehbare Richtungen einschlägt. Gleichzeitig sorgen der fortschreitende Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur, die Verbreitung digitaler Technologien wie Smartphones, mit denen Computertechnik allgegenwärtig wird, und die Generierung riesiger Mengen an Daten aller Art dafür, dass Daten zunehmend zu einem wichtigen strategischen Vermögenswert werden. Digitale Technologien und große Datenströme verändern von Grund auf, wie Menschen leben und arbeiten, miteinander interagieren, am Wirtschaftsleben teilnehmen und mit staatlichen Stellen kommunizieren.

  • Wie können wir – d.h. Bürgerinnen und Bürger, Regierungen und Unternehmen – den digitalen Wandel so gestalten, dass er der Gesellschaft zugutekommt und niemanden zurücklässt? Das ist eine entscheidende Frage, da digitale Technologien und Daten in unserem Leben immer wichtiger werden. Um das Potenzial der digitalen Transformation freizusetzen, ist eine integrierte und schlüssige Antwort der Politik notwendig, die alle Bereiche erfasst. Außerdem sind Maßnahmen erforderlich, die einerseits die Chancen nutzen und die Vorteile maximieren und andererseits die Herausforderungen angehen und die Kosten minimieren.

  • Digitale Technologien und Daten verändern unser Lebensumfeld. Menschen, Unternehmen und Staaten leben, kommunizieren, arbeiten und produzieren heute anders als in der Vergangenheit, und diese Veränderungen beschleunigen sich zusehends. Wie können wir das gewaltige Potenzial ausschöpfen, das digitale Technologien und Daten zur Steigerung von Wachstum und Lebensqualität in einer sich rasch wandelnden Welt bieten? Dieser Bericht soll Antworten auf diese Frage liefern. Er geht auf sieben Aspekte ein, bei denen die Regierungen – zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern, den Unternehmen und anderen betroffenen Akteuren – ansetzen können, um den digitalen Wandel zu gestalten und die Lebensqualität zu erhöhen: 1. Zugang, 2. Nutzung, 3. Innovation, 4. Arbeitsplätze, 5. sozialer Wohlstand, 6. Vertrauen und 7. offene Märkte. In jedem dieser Bereiche zeigt der Bericht wesentliche Chancen, Herausforderungen und Maßnahmen auf. Außerdem liefert er neue Erkenntnisse, Daten und Analysen sowie Empfehlungen für eine bessere Politik im digitalen Zeitalter.

  • Um die Vorteile des digitalen Zeitalters zu nutzen und seine Herausforderungen zu bewältigen, muss die Kluft zwischen Technologie und Politik geschlossen werden. Viele politische Konzepte gehen noch auf die vordigitale Zeit zurück. Wenn die aktuellen Veränderungen und deren Konsequenzen nicht richtig verstanden werden, kann sich die notwendige Anpassung dieser Konzepte verzögern. Ein grundlegendes Verständnis dieser Entwicklungen ist unerlässlich, da sich der digitale Wandel auf sämtliche Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft auswirkt.

  • Kommunikationsinfrastrukturen und -dienste sind Voraussetzung für die Nutzung digitaler Technologien und machen Interaktionen zwischen vernetzten Personen, Organisationen und Maschinen möglich. Sie bilden das Fundament eines offenen, vernetzten und dezentralen Internets, das einen freien weltweiten Informationsfluss ermöglicht (OECD, 2011[1]). Ein hochwertiger Zugang zu Kommunikationsnetzen und -diensten zu wettbewerbsfähigen Preisen ist Grundvoraussetzung für die digitale Transformation. Daten spielen eine ähnlich fundamentale Rolle. Daten sind ein Wirtschaftsfaktor und eine in vielen Bereichen wichtige Vorleistung für die Produktion anderer Güter. Dazu müssen sie jedoch verfügbar und zugänglich sein. Daher ist es wichtig, den Datenzugang und -austausch zu verbessern. Bei diesbezüglichen Entscheidungen sollten allerdings auch Datenschutz- und Sicherheitserwägungen berücksichtigt werden.

  • Welche Möglichkeiten digitale Technologien und Daten Bürgern, Staat und Unternehmen eröffnen, hängt davon ab, wie effizient sie genutzt werden. Um eine anspruchsvollere Nutzung zu fördern, sollte die Politik auf eine Verringerung der Bildungslücke hinwirken. Die staatlichen Stellen sollten das Potenzial der digitalen Verwaltung ausschöpfen, einen nutzerorientierten Ansatz verfolgen und E-Government-Dienste von Anfang an digital konzipieren. Um die Produktivität zu steigern, kommt es entscheidend darauf an, die Einführung, Verbreitung und effiziente Nutzung fortgeschrittener digitaler Instrumente insbesondere in KMU zu fördern. Das könnte u.a. durch stärkere Investitionen in IKT und immaterielle Vermögenswerte, vor allem Kompetenzen, und eine Steigerung der Unternehmensdynamik erfolgen. Dabei muss zugleich das Vertrauen in Online-Umgebungen gestärkt werden. Dazu gilt es beispielsweise, Privatpersonen und Unternehmen stärker für digitale Risiken zu sensibilisieren und sie zu befähigen, mit diesen Risiken besser umzugehen.

  • Innovationen verschieben die Grenzen des Möglichen und sorgen für neue Arbeitsplätze, Produktivitätssteigerungen, nachhaltiges Wachstum und nachhaltige Entwicklung. Digitale Innovationen sind ein grundlegender Antriebsfaktor des digitalen Wandels und können die Art und Weise, wie Menschen miteinander interagieren, wie sie gestalten, produzieren und konsumieren, radikal verändern. Digitale Innovationen führen nicht nur zu neuen bzw. neuartigen Waren und Dienstleistungen, sondern eröffnen auch Chancen für neue Geschäftsmodelle und Märkte und können Effizienzgewinne im öffentlichen Sektor und darüber hinaus fördern. Zudem ermöglichen digitale Technologien und Daten Innovationen in einer ganzen Reihe von Sektoren, u.a. im Bildungs- und Gesundheitswesen, in der Finanz- und Versicherungsbranche, im Verkehrs-, Energie-, Landwirtschafts- und Fischereisektor, im Verarbeitenden Gewerbe sowie im Informations- und Kommunikationstechnologiesektor selbst.

  • Der digitale Wandel führt zu kreativer Zerstörung: Traditionelle Arbeitsplätze gehen verloren, neue entstehen. Dennoch liegen die Beschäftigungsquoten in vielen Ländern derzeit auf Rekordniveau. Mit dem Wandel der Arbeitsmärkte verändern sich auch die Arbeitsplätze und die Arbeitsplatzanforderungen. Daher ist es unerlässlich, die für den Erfolg in einer digitalen Arbeitswelt notwendigen Kompetenzen zu vermitteln – u.a. durch verbesserte Bildungs- und Weiterbildungssysteme –, den Arbeitsplatzwechsel zu erleichtern und einen angemessenen Sozialschutz zu gewährleisten. Einige Arbeitskräfte dürften von der digitalen Transformation stärker profitieren als andere. Eine Politik, die auf wirtschaftlichen Wohlstand und gesellschaftliche Teilhabe abzielt, muss gewährleisten, dass der Wandel der Arbeitswelt fair abläuft und allen Arbeitskräften Erfolgschancen bietet.

  • Die Auswirkungen der digitalen Transformation auf die Gesellschaft und Kultur sind komplex und miteinander verflochten, da digitale Technologien die Beziehungen und Kontakte von Bürgern, Unternehmen und staatlichen Stellen mit- und untereinander verändern. Sie sind auch komplex, weil die Gesamteffekte oft nicht eindeutig sind und von Land zu Land unterschiedlich sein können. Beispielsweise bieten digitale Technologien Möglichkeiten, den Zugang zu Informationen zu erhöhen (durch ein freies und vernetztes Internet), die Gesundheitsversorgung zu verbessern (z.B. durch Telemedizin) und das Bildungsangebot zu erweitern (durch ein großes Angebot an allen offenstehenden Online-Kursen, z.B. Massive Open Online Courses – MOOCs).

  • Privatpersonen, Unternehmen und Regierungen müssen darauf vertrauen können, dass es ihnen mehr Vor- als Nachteile bringt, digitale Umgebungen für ihre sozialen und wirtschaftlichen Aktivitäten zu nutzen. Nur dann werden sie in vollem Umfang am digitalen Wandel teilhaben und davon profitieren. Nachteile können aus verschiedenen Unsicherheitsfaktoren resultieren, die bei digitalen Technologien, Daten und grenzüberschreitenden Aktivitäten bestehen. Viele davon hängen mit potenziellen Cyberangriffen zusammen (die sich z.B. gegen die Verfügbarkeit, Integrität oder Vertraulichkeit von Daten, Systemen oder Netzwerken richten können). Andere Nachteile ergeben sich aus Informationsasymmetrien, Machtungleichgewichten oder Fragen der staatlichen Zuständigkeit, die im digitalen Umfeld verstärkt auftreten. Sie können sich in Verstößen gegen Gesetze und sonstige Vorschriften äußern, mit denen derartige Ungleichgewichte und Herausforderungen verringert werden sollen, wie z.B. Datenschutz-, Verbraucherschutz- oder Produktsicherheitsbestimmungen. Vertrauen lässt sich nur dann erreichen, wenn solche Unsicherheiten weitmöglichst verringert werden.

  • Digitale Technologien verändern das Wettbewerbs-, Handels- und Investitionsumfeld der Unternehmen. Offene Märkte begünstigen eine erfolgreiche Digitalisierung, da sie ein unternehmensfreundliches Umfeld schaffen, in dem für ausländische und inländische Unternehmen die gleichen Wettbewerbsbedingungen gelten und keine übermäßigen Restriktionen oder Auflagen bestehen (OECD, 2010[1]). Handels- und Investitionsoffenheit lässt neue Möglichkeiten für einen raschen Technologie- und Kompetenzausbau entstehen und begünstigt eine stärkere Spezialisierung, weil offene Märkte die Verbreitung der neuesten Technologien, Anwendungen und Verfahren unterstützen (Andrews, Criscuolo und Gal, 2015[2]). Marktoffenheit fördert zudem den Wettbewerb und ermöglicht es – ausländischen und inländischen – Unternehmen, die Vorteile von Handel und Investitionen zu nutzen, was zum Wirtschaftswachstum beiträgt (Romalis, 2007[3]).

  • Um den digitalen Wandel erfolgreich zu gestalten, muss ein ressortübergreifender Ansatz verfolgt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass eine Strategie für den digitalen Wandel entwickelt und zielführend umgesetzt wird. Viele Länder verfügen bereits über eine Strategie für die digitale Wirtschaft oder ein vergleichbares Politikkonzept, meist ist deren Anwendungsbereich aber noch relativ begrenzt. Ein ressortübergreifender Ansatz zur Gestaltung des digitalen Wandels wird nur in wenigen Ländern ausdrücklich gefördert (OECD, 2017[1]). Eine Strategie für den digitalen Wandel, die einen solchen Ansatz möglich macht, muss die verschiedenen miteinander in Zusammenhang stehenden Politikfragen, die in den Kapiteln 2 bis 8 behandelt wurden, umfassend und kohärent angehen und die Koordination der Politik in allen für die Gestaltung des digitalen Wandels relevanten Bereichen gewährleisten. Dieses Kapitel befasst sich daher mit den entscheidenden Aspekten der Steuerung, Entwicklung und Umsetzung einer Strategie für den digitalen Wandel.

  • Die digitale Transformation ist ein komplexer und rasch voranschreitender Prozess. Immer häufiger müssen politische Entscheidungen getroffen werden, ohne dass Gewissheit über die künftige digitale und sonstige Entwicklung besteht. Dieser Bericht unterstreicht die Notwendigkeit, mit einem breiten Spektrum an Akteuren ressort- und ebenenübergreifend zusammenzuarbeiten, um die Politik auf eine inklusive und nachhaltige digitale Zukunft auszurichten. Bei einigen der drängendsten und schwierigsten Politikfragen der heutigen Zeit wurden bereits Fortschritte erzielt. Dennoch bedarf es weiterer Anstrengungen, um einige komplexe Belange besser zu verstehen und resiliente Politikrahmen dafür zu schaffen. Außerdem sind neue Aspekte hinzugekommen, die wichtiger Bestandteil einer künftigen globalen digitalen Agenda sind.