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  • Das Bestreben, den Regulierungsstaat zu verschlanken, den Verwaltungsapparat zu verkleinern und die rechtlichen Rahmenbedingungen zu vereinfachen, ist seit mehreren Jahrzehnten Bestandteil der Politik deutscher Regierungen. Wie in vielen anderen OECDLändern wird die Regulierungsreform als Ergänzung zu strukturellen und anderen Reformen gesehen, die der Modernisierung der deutschen Wirtschaft und öffentlichen Verwaltung dienen. Allerdings wurden oft nur langsam und zaghaft Fortschritte erzielt, da Reformvorhaben nicht immer zu befriedigenden Ergebnissen führten.

  • Die Prüfung wurde von einem Team durchgeführt, das sich aus Mitgliedern des OECD-Sekretariats sowie aus Prüfern zusammensetzt, die in den Verwaltungen anderer europäischer Länder tätig sind und über Erfahrung im Bereich bessere Rechtsetzung verfügen.

  • Regulierungspolitik lässt sich allgemein als eine explizite, dynamische und konsistente verwaltungsebenen- und ressortübergreifende Politik zur Sicherung einer hohen Qualität der Rechtsetzung definieren. Ein entscheidendes Element der Guiding Principles for Regulatory Quality and Performance der OECD von 2005 ist, dass die Länder allgemeine Regulierungsreformprogramme festlegen, in denen Grundsätze „guter Rechtsetzung“ sowie ein Rahmen für die Umsetzung festgelegt sind. Die Erfahrung der OECD-Länder hat gezeigt, dass eine effektive Regulierungspolitik auf der obersten politischen Ebene beschlossen werden, explizite und messbare Standards für die Qualität der Rechtsetzung beinhalten und dauerhafte Kapazitäten für das Regulierungsmanagement schaffen sollte.

  • Das Regulierungsmanagement muss seinen Platz in der institutionellen Architektur des jeweiligen Landes finden und auf die Unterstützung aller einschlägigen Institutionen zählen können. Der institutionelle Rahmen, innerhalb dessen die bessere Rechtsetzung ihren Einfluss geltend machen muss, reicht weit über das Exekutivzentrum des Staats hinaus, auch wenn sie dort großenteils ihren Ursprung nimmt. Legislative und Judikative, Regulierungsbehörden und nachgeordnete Verwaltungsebenen ebenso wie internationale Strukturen (im Kontext dieses Projekts insbesondere die EU) spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Ausarbeitung, Implementierung und Durchsetzung von Maßnahmen und Rechtsvorschriften.

  • Transparenz ist einer der zentralen Pfeiler einer wirksamen Regulierung, da sie die Rechenschaftspflicht fördert, das Vertrauen in den Rechtsrahmen stärkt, Regelungen sicherer und zugänglicher, weniger beeinflusst durch Einzelinteressen und somit im Hinblick auf Wettbewerb, Handel und Investitionen offener macht. Transparenz geht mit einer Reihe von Maßnahmen einher, darunter standardisierte Verfahren für die Erarbeitung und Änderung von Rechtsvorschriften, Konsultation mit den Beteiligten, effektive Kommunikation und Veröffentlichung von Gesetzestexten und deren klare Formulierung, Kodifizierung, Kontrollen des Ermessensspielraums der Verwaltung sowie effiziente Rechtsmittelverfahren. Sie kann einen Mix aus formellen und informellen Verfahren umfassen. Techniken, wie gemeinsame Einführungstermine, können es den Unternehmen erleichtern, Regulierungsauflagen zu verdauen. Der Beitrag des E-Government zur Verbesserung der Transparenz, der Konsultation und der Kommunikation ist von wachsender Bedeutung.

  • Das Vorhandensein berechenbarer und systematischer Verfahren für die Erstellung von Rechtsvorschriften erhöht die Transparenz des Regulierungssystems und die Qualität der getroffenen Entscheidungen. Hierzu zählen: Vorausplanung (regelmäßige Übersicht über demnächst erscheinende Rechtsvorschriften), Verwaltungsverfahren für die Steuerung der Gesetzgebung sowie Verfahren zur Gewährleistung der Rechtsqualität neuer Rechtsvorschriften (einschließlich Ausbildung und Anleitung in der Erstellung von Gesetzestexten, Formulierung von Gesetzestexten in einer klaren Sprache sowie Aufsicht durch Fachorgane).

  • Dieses Kapitel befasst sich mit zwei Aspekten der Regulierungspolitik. Beim ersten handelt es sich um die Vereinfachung der Rechtsvorschriften. Der im Lauf der Zeit angesammelte Bestand an Regelungen und Verwaltungsformalitäten muss in regelmäßigen Abständen überprüft und aktualisiert werden, um veraltetes oder nicht mehr zweckmäßiges Material zu entfernen. Die zu diesem Zweck eingesetzten Instrumente reichen von der Konsolidierung, Kodifizierung, Neugestaltung, Aufhebung und Ad-hoc-Überprüfungen spezifische Sektoren betreffende Rechtsvorschriften bis hin zur Aufnahme von Befristungsklauseln, die dafür sorgen, dass Rechtsvorschriften über ein bestimmtes Datum hinaus automatisch überprüft oder außer Kraft gesetzt werden.

  • Mit der Verabschiedung und Verkündung eines Gesetzes wird zwar der Rahmen für die Verwirklichung eines Politikziels abgesteckt, Effizienz bei Durchführung, Einhaltung und Vollzug ist jedoch Voraussetzung dafür, dass das jeweilige Ziel tatsächlich erreicht wird. Eine Ex-ante-Abschätzung der Wahrscheinlichkeit des Einhaltungs- und Durchsetzungserfolgs ist zunehmend Teil des Gesetzgebungsverfahrens in den OECD-Ländern. Im Rahmen des institutionellen Kontexts der EU zählt zu diesen Verfahren die korrekte Umsetzung der EU-Vorschriften in nationales Recht (auf diesen Aspekt wird in Kapitel 7 eingegangen).

  • Ein wachsender Anteil nationaler Rechtsvorschriften hat seinen Ursprung auf der Ebene der Europäischen Union. Während EU-Verordnungen in den Mitgliedstaaten unmittelbar gelten und nicht in nationales Recht umgesetzt zu werden brauchen, müssen EU-Richtlinien umgesetzt werden, was die Frage aufwirft, wie sich sicherstellen lässt, dass die Rechtsvorschriften, mit denen das EU-Recht umgesetzt wird, vollständig mit den zu Grunde liegenden Politikzielen im Einklang stehen und mit ihnen keine neuen Hemmnisse für das reibungslose Funktionieren des EUBinnenmarkts geschaffen sowie Überregulierung und die unnötige Belastung von Unternehmen und Bürgern vermieden werden. Die Umsetzung muss ferner zeitnah erfolgen, um das Risiko der Rechtsunsicherheit – insbesondere für Unternehmen – so gering wie möglich zu halten.

  • Mehrebenen-Governance im Regulierungsbereich – d.h. die Berücksichtigung der Rechtsetzungs- und Rechtsvollzugstätigkeiten auf allen verschiedenen Regierungsebenen, nicht nur auf der nationalen Ebene – ist ein weiteres Kernelement von effektivem Regulierungsmanagement. Die Guiding Principles for Regulatory Quality and Performance der OECD von 2005 fördern bessere Rechtsetzung auf allen Regierungsebenen, verbesserte Abstimmung und die Vermeidung von sich überschneidenden Zuständigkeiten zwischen Regulierungsbehörden und Verwaltungsebenen. Das ist für alle Länder von Bedeutung, die bestrebt sind, ihr Regulierungsmanagement zu verbessern, unabhängig davon, ob es sich um Föderationen, Einheitsstaaten oder um eine staatliche Organisationsform handelt, die irgendwo dazwischen liegt.